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Bernhard Böttner 1924-2013

Der Pianist Bernhard Böttner wurde 1924 in Schmalkalden/Thür. geboren. In vielfältiger Hinsicht wegweisend, hat er als Künstler, Pädagoge, Festspielinitiator und als Forscher auf dem Gebiet der pianistisch-physiologischen Spieltechnik, sowie kulturpolitisch durch seine musikstrukturellen Initiativen, besonders auch im Bereich des Kulturaustausches (vor allem mit den osteuropäischen Ländern), internationalen Ruf erlangt.

In Meiningen aufgewachsen, war Böttner Privatschüler des Komponisten Günter Raphael während dessen Verfemung im 3. Reich, studierte in Leipzig bei Hermann Abendroth und Joh. Nep. David Dirigieren, Klavier bei Sigfrid Grundeis. Es folgten Kapellmeisterengagements an der Staatsoper Katovice, in Meiningen und Weimar. Sein Solistendebut gab Böttner 1947 unter J. Keilberth mit der Dresdner Staatskapelle. Weitere berühmte Dirigenten, wie F. Konwitschny, D. Mitropoulos (New York), H. Rosbaud und H. Scherchen gaben seiner Karriere entschneidende Impulse. Böttner lebte bis 1964 in Berlin, seither in Sommerhausen/Main und Prag. Er konzertierte wiederholt mit dem Berliner Philharmonischen Orchester, den Münchner Philharmonikern, dem Gewandhausorchester Leipzig und mit fast allen deutschen Staats- und Rundfunk-Sinfonieorchestern. Auslandsreisen führten durch ganz Europa, einschließlich vieler Russland-Tourneen. Böttner wurde als erster Deutscher nach dem Kriege von der Tschechischen Philharmonie Prag als Solist eingeladen und war einer der ersten Emissäre des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik im Kulturaustausch (u. a. im Vorderen Orient). Er war langjähriges Mitglied der Klavierbesetzung des „Philharmonischen Oktetts Berlin“ und des Prager „Dvorak-Quartetts“.

Böttner hat sich nach dem Kriege in herausragender Weise für Werke im 3. Reich verbotener Komponisten (u. a. Hartmann, Hindemith, Honegger, Raphael, Strawinsky) und moderne slawische Komponisten, wie Bořkovec und Malawski, insbesondere auch russisch-sowjetische Musik eingesetzt (über 130 Ur- und Erstaufführungen; darunter zuletzt die KZ-Sonate „27.Apri1 1945″ von K. A. Hartmann auf dem Ill. Weltmusikfest 1988 in Leningrad). Er hat damit auf dem Gebiet der Pianistik einen singulären Beitrag zum Wiederanschluss Deutschlands an das Weltmusikleben geleistet. Arnold Schoenberg hat Böttner sein Klavierkonzert persönlich anvertraut. Seit dem Chopin-Fest 1949 war Böttner in erster Linie als Klassikerspieler hervorgetreten und galt als einer der letzten Zeugen großer deutscher Beethoven- und Klassikertradition.

Während einer langen schweren Krankheit initiierte Böttner 1964 mit den Schirmherren P. Fournier, E. Gilels und H. Szeryng das erste vielbeachtete dezentrale klassische non-profit-Musikfestival „Recital Sommerhausen/Marktbreit“ („Deutsches Solistenfest“/ bis 1982), dem bewusst ein dezidiertes Konzept zur Förderung junger deutscher Solisten und Ensembles zugrunde lag. Durch seine kulturpolitischen Initiativen wie durch eigene internationale Kontakte gab er, mehrfach Staatsgast ausländischer Regierungen, dem Kulturaustausch ganz eigene Impulse.

Darüber hinaus hat Böttner auf Grund seiner Forschungen auf dem Gebiet der pianistischen Spieltechnik nicht nur die erste physiologisch abgesicherte universelle Anschlagslehre vorgelegt, sondern auch hinsichtlich der physikalisch-akustischen Phänomene durch seine Entdeckung der 4. Tonfarbenkomponente aktualer Klangfarbengestaltung am Klavier (1981) weltweite Beachtung in der Klavierpädagogik und Medizin (Verhinderung von Spielschäden) gefunden. Er trat als Referent auf vielen pädagogischen und medizinischen Kongressen auf.

Ochsenfurter Torturm in Sommerhausen. Bernhard Böttners langjähriger Wohnsitz

Böttner gehörte zu den wenigen deutschen Solisten der Bundesrepublik, die sich nicht nur als Künstler international hoch qualifiziert haben, sondern er hat sich wie kaum ein anderer zugleich durch seine Tätigkeit im berufsständischen und bildungspolitischen Bereich einen Namen gemacht.

Für sein Lebenswerk erhielt er 2005 das Bundesverdienstkreuz.

Zahlreiche Veröffentlichungen zu Fragen von Interpretation und Stilistik, zur Methodologie instrumentaler Spieltechnik und Kulturpolitik im Allgemeinen.
Schallplatten bei TELEFUNKEN, ELECTROLA und DECCA (sämtl. vergriffen).

Bernhard Böttner starb im August 2013.

Zum Tod des Pianisten, Festivalleiters, Pädagogen und Musikwissenschaftlers Bernhard Böttner

Raphael Woebs

Bernhard Böttner durfte im Jahr 2005 das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich für sein Gesamt-Lebenswerk entgegen nehmen. Es lassen sich vier Hauptaspekte seines beruflichen Wirkens herausarbeiten – zuallererst sein künstlerisches Wirken als Konzertpianist: Böttner war beim legendären Hermann Abendroth auch zum Dirigenten ausgebildet worden, doch er entschied sich 1947, nach einem aufsehenerregenden Pianistendebüt mit der Dresdner Staatskapelle unter dem Dirigat von Joseph Keilberth, für eine pianistische Laufbahn. Die prägende Ausbildung hierfür hatte er bei Günter Raphael erhalten, und sein besonderer Einsatz galt stets den Werken von im „Dritten Reich“ verfemten Komponisten sowie der zeitgenössischen Musik. Es folgten zahlreiche Auftritte als Solist der Berliner und Münchner Philharmoniker, des Gewandhausorchesters Leipzig, sowie fast aller deutscher Staats- und Rundfunk-Sinfonieorchester – mit Tourneen quer durch Europa, Schallplatten- und späteren TV-Aufnahmen.

Durch den Umzug nach Sommerhausen bildete sich der zweite Aspekt im beruflichen Wirken Bernhard Böttners heraus – sein kulturelles Engagement als Festivalleiter: Im Jahr 1964 rief Böttner das internationale Musikfest Sommerhausen Recital ins Leben. Die Grundidee dieses „non profit“ Festivals war es, das kulturelle Musikleben von Weltgeltung aus den Großstädten heraus in die ländlichen Gebiete der Gesellschaft zu tragen – eine kulturpolitische Idee, mit der Böttner seiner Zeit weit voraus war.

Es gelang ihm, Künstler von Weltruf zu gewinnen, welche auch schirmherrschaftliche Aufgaben übernahmen (u.a. Henryk Szeryng, Emil Gilels, Pierre Fournier, Maurizio Pollini). Eines der Hauptanliegen des Recitals war die Förderung des künstlerischen Nachwuchses. Dies ist für Böttner immer von größter Bedeutung gewesen und er konnte sich diesem Anliegen insbesondere in seiner Zeit als Pädagoge nachhaltig widmen – dem dritten Aspekt seiner Laufbahn: 1969 wurde Bernhard Böttner zum Professor für Klavier und schließlich zum Leiter des Musiklehrerseminars am Nürnberger Meistersinger Konservatorium berufen. Er bekleidete diese Ämter bis zu seiner Pensionierung und richtete während dieser Zeit die Fächer Musikphysiologie und Methodologie der Klaviertechnik neu ein.

Als anerkannter Stilistik-Experte publizierte er zahlreiche Artikel für die Fachpresse, nahm an wissenschaftlichen Podiumsdiskussionen teil und setzte sich dabei mit Fragen moderner Kompositionstechnik sowie deren klavierspezifischer Interpretation auseinander. Aus dieser Arbeit heraus entwickelte Böttner sein pädagogisches Haupt-Lehrwerk „Die pianistische Universaltechnik“, in dem er sich erstmalig auch aus medizinisch-physiologischer Sicht mit dem Spiel- und Bewegungsapparat des Instrumentalisten befasste.

Böttner hatte erkannt, dass durch eine unwissenschaftliche Pädagogik, die methodologisch alles im Diffusen lässt, zu viele physische Spielschäden bei den Studenten hervorgerufen wurden. Gegen diese „Genie-Pädagogik“ hat er sich stets verwahrt – die Pointe dabei: Böttner erhielt für besagtes Lehrwerk dann auch einen wissenschaftlichen Medizinerpreis.
Nicht zuletzt Alfred Brendel fand überaus lobende Worte für das Lehrbuch und schrieb, er habe durch dieses Buch erst verstanden, was er eigentlich auch in physiologischer Hinsicht leiste, wenn er Klavier spiele. Damit sind wir beim vierten Aspekt der beruflichen Lebensleistung Bernhard Böttners – seiner wissenschaftlichen Tätigkeit: Hier hat Böttner eine weitere bedeutende Veröffentlichung hinterlassen, seine „Große Genealogie der Pianistik“. Es handelt sich hierbei um einen internationalen Stammbaum der Lehrer-Schüler-Beziehungen in über 400 Jahren Klaviermusikgeschichte; und bis zum Jahr 1997 schaffte es Böttner, unglaubliche 1.047 Namen in eine Lehrer-Schüler-Abfolge mit ihren historischen Querverbindungen einzuordnen – eine herausragende wissenschaftliche Leistung.

Wir verlieren mit Bernhard Böttner nicht nur einen großen Künstler und einen großen Pädagogen, sondern vor allem einen großartigen Menschen.


Erschienen unter: Woebs, Raphael: „Das Musikleben ins Ländliche tragen“. Zum Tod des Pianisten, Festivalleiters, Pädagogen und Musikwissenschaftlers Bernhard Böttner, in: NMZ 11/13, S. 50.

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